Architektur-Ikone: LWL zeichnet Terrassenwohnhaus Girondelle aus

Terrassenwohnhaus Girondelle 1971. Foto: Manfred Hanisch

Bochum (lwl/aw). Das Bochumer Terrassenhaus Girondelle – in der Fachwelt als spektakuläres Wohnbauexperiment der Boomjahre bekannt – fristete lange ein Schattendasein. Seit 2019 ist die Architektur-Ikone als Denkmal geschützt, die neue Eigentümerin will ihr zu neuem Glanz verhelfen. Grund für den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL), das 1971 vollendete Bauwerk als Denkmal des Monats November auszuzeichnen. „Das Terrassenwohnhaus gehört zu den besonders sprechenden Zeugnissen neuer Wohnbaukonzepte ab den 1960er Jahren“, so LWL-Denkmalpfleger Dr. Knut Stegmann, „Großformen wie diese schienen die Lösung für den erwarteten Mangel an Bauland in den großen Städten zu sein. Gleichzeitig bedienten integrierte Freiflächen die Forderung nach sozialer Gleichheit.“ Auf die eingängige Formel „For Everyone a Garden“ (Für jeden einen Garten) brachte das Moshe Safdie, dessen Wohnkomplex auf der Weltausstellung 1967 ein Vorbild für das Bochumer Bauwerk war.

„Die Entstehung des Terrassenhauses ist eng mit der Gründung der Bochumer Ruhruniversität verknüpft. Eine neue Universitätswohnstadt zwischen Stadt und Hochschule sollte den Wohnraumbedarf decken“, erzählt Stegmann. Mit der Planung eines zentralen Wohnbaus beauftragte die Baugesellschaft Bochum-Langendreer den Nürnberger Architekten Albin Hennig (geboren 1931), der schon zuvor durch neuartige Entwürfe aufgefallen war. Mit seinem Terrassenhaus für Bochum verknüpfte Hennig mehrere Ziele. „Die unregelmäßige Struktur des Gebäudes ermöglicht vielfältige Grundrisslösungen – vom Wohnschlafraum zur großen Familienwohnung“, erläutert Stegmann, „Gleichzeitig wird der Anspruch des Architekten deutlich, eine qualitätsvolle, höchst individuelle Bauskulptur zu schaffen.“

In der Eintragung in die Denkmalliste und dem Eigentümerwechsel sieht der Kunsthistoriker eine große Chance: „Die Schweizer Eigentümer haben in Abstimmung mit der Denkmalpflege ein Gestaltungshandbuch erstellen lassen, das die Grundlage für die langfristige Instandsetzung der Architektur-Ikone legt – und auch die wachsende Begeisterung für die Bauten der 1960er Jahre macht Hoffnung auf eine nachhaltige Wiederbelebung.“

Terrassenhaus

Beim Bochumer Terrassenhaus handelt es sich um einen etwa 200 Meter langen, auf drei Seiten gestaffelten Baukörper mit einer Höhe von acht Geschossen im Zentrum und einem Geschoss in den Ausläufern. Die unregelmäßigen Vor- und Rücksprünge sorgen für eine bewegte Silhouette, die durch die Lage auf einem Höhenrücken betont wird. Die Rücksprünge geben Fläche für gut belichtete Terrassen frei, teils mit Blick auf die Bochumer Innenstadt.

Konstruiert ist das Terrassenhaus als Stahlbeton-Schottenbau mit einer weißen Plattenverkleidung in den oberen Geschossen und Sichtbetonoberflächen im Hochparterre sowie den als Gliederungselementen eingesetzten Treppentürmen. Im bewussten Kontrast dazu stehen die ockerfarbenen Fensterrahmen mit azurblauen Füllungen. Durch das Raster der Platten sowie die für Balkonbrüstungen und Pflanztröge verwendeten Fertigteile lehnt sich der Bau an die in dieser Zeit beliebte Fertigteilästhetik an.