23.000 Stimmen gegen das geplante „Denkmal-NICHT-Schutzgesetz“ in NRW

Hans-Willi Körfges, Vorsitzender des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen, und Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, bei der Übergabe der Petition. Foto: Michael Bause

Düsseldorf (pm/aw). Am Mittwoch (01.12.) übergab vor dem Düsseldorfer Landtag Dr. Steffen Skudelny, Vorstand der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (DSD), das bisherige Ergebnis der Online-Petition seiner Stiftung an den Vorsitzenden des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen, Hans-Willi Körfges in Stellvertretung des Landtagspräsidenten. Skudelny resümierte die Schwächen des bisherigen Gesetzesentwurfs und konnte dabei konkret auf tagtägliche Erfahrungen zurückgreifen: „Die Stiftung beobachtet immer wieder Denkmalverluste. Statt an dieser Stelle das vorhandenen Denkmalschutzgesetz zu stärken, zielt der neue Gesetzentwurf auf eine Aufweichung der Regelungen.“ Dabei seien Denkmale in NRW bereits jetzt rar. Körfges dankte im Namen des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen für das Engagement um die Denkmalpflege: „Es ist wichtig, dass sich Menschen in Haupt- und Ehrenamt für den Erhalt der Baukultur einsetzen. Dabei sind 23.000 Unterschriften eine beachtliche Anzahl. Sobald dem Ausschuss die Petition zugeleitet wurde, wird dieser sich selbstverständlich damit beschäftigen und Fachleute dazu anhören.“

Beeindruckende 23.000 Stimmen gegen das neue Denkmalschutzgesetz kamen bei der Petition zusammen. Dieses Ergebnis wurde nun in Form von tausenden Puzzleteilen übergeben. Symbolisch riss eine „Paragraphen-Abrissbirne“ eine historische Häuserzeile ein, um die Gefährdung von Denkmalen durch das neue Denkmalschutzgesetz darzustellen. Wie vielstimmig und fundiert der Widerstand gegen den neuen Gesetzesentwurf ist, zeigte eine Auswahl der vielen tausend Kommentare, welche die Petenten online hinterlassen hatten. Sie waren auf Spruchbändern zu lesen.

Zahlreiche Unterstützer der Petition waren bei der Übergabe dabei – selbstverständlich unter Einhaltung der erforderlichen Corona-Maßnahmen: Fachleute, Vertreter von Institutionen, ehrenamtliche sowie hauptamtliche Denkmalpfleger verliehen ihrer Forderung auch persönlich Ausdruck.

Hintergrund

Ministerin Scharrenbach stellte im Frühjahr 2021 den zweiten Entwurf eines neuen Denkmalschutzgesetzes für NRW vor. Die geplanten Änderungen des Gesetzes hebeln den Schutz unserer Kulturdenkmale aus, reduzieren die fachliche Kompetenz der Denkmalbehörden auf optionale Anhörung, öffnen Einfallstore für wirtschaftliche und politische Interessen, schaffen Sonderrechte für kirchliche Denkmaleigentümer und führen zu verwirrenden unterschiedlichen Verfahren für Bau-, Boden oder Gartendenkmale. Sowohl die Fachwelt als auch NGOs und Einrichtungen der Zivilgesellschaft sowie engagierte Bürgerinnen und Bürger kritisieren den Gesetzesentwurf und veröffentlichten im Rahmen der Verbändeanhörung ihre kritischen Stellungnahmen (denkmalschutz-erhalten.nrw). Alle wollen, dass dieses neue Gesetz gestoppt wird.

Auszug aus der Petition

„Der Schutz einzigartiger historischer Bauwerke unserer Heimat wird durch die Gesetzesnovelle zum politischen Spielball. Künftig soll eine mögliche Nutzung über Denkmalwert und -erhalt bestimmen, sachfremde Aspekte sollen den Schutz der Denkmale aufweichen. Denkmaleigentümer sollen dabei potenziell zu einer Nutzung des Denkmals verpflichtet werden können. Es steht zu befürchten, dass dieser Nutzungsdruck zu einer ‚Vergewaltigung‘ des Denkmals und zu einer Beschädigung der Interessen der Denkmaleigentümer und der Allgemeinheit führen kann. Die übergeordneten Fachbehörden werden ausgeschaltet und stattdessen mittelbar die lokale Politik zum Entscheidungsträger über die Zukunft oder den Abriss wertvoller Denkmale gemacht. Eine Einflussnahme von wirtschaftlichen oder Sonderinteressen wird hierdurch verstärkt. Viele Formulierungen des Gesetzes sind unklar und lassen Spielräume für eine willkürliche Auslegung in der praktischen Umsetzung zu.”

Auswahl aus den Kommentaren zur Petition im Internet

„Der Schutz des kulturellen Erbes ist eine der zentralen staatlichen Aufgaben überhaupt und darf nicht aus sachfremden politischen oder ökonomischen Erwägungen heraus unterminiert werden.“
Professor Dr. Jens Niebaum. geschäftsführender Direktor des Instituts für Kunstgeschichte an der Universität Münster

„Es ist nicht sinnvoll, bei der Entscheidung der Frage, was ein Denkmal ist und wie damit umgegangen werden soll, die Fachämter auszuschalten und diese wichtigen Schritte in die Hand der jeweiligen Baubehörden zu legen. Gerade beim Denkmalschutz ist eine hohe Sachkompetenz absolut nötig und die ist in der Verwaltung kleinerer Gemeinden meist nicht vorhanden. Im Interesse unserer Denkmäler im Land muss den Denkmalämtern die Beteiligung erhalten bleiben!“
Professorin Barbara Schock-Werner, frühere Dombaumeisterin des Kölner Doms

„Denkmalschutz braucht eine unabhängige, fachliche Expertise, die sich stark in den Genehmigungsprozess einbringen kann. Denkmalschutz ohne wissenschaftliche Expertise ist ähnlich unsinnig, wie eine Klinik ohne Ärztinnen und Krankenpfleger zu betreiben.“
Professor Dr. Markus Harzenetter

„Der Gesetzentwurf stellt in wesentlichen Punkten eine Verschlechterung des Denkmalschutz-Gesetzes von 1980 dar, das sich im Prinzip bewährt hat.“
Heinz Günther Horn, Professor am Archäologischen Institut Köln

„Dieser Gesetzentwurf wirft Nordrhein-Westfalen um Jahrzehnte zurück.“
Professor Dr. Matthias Wemhoff, Direktor des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz und Landesarchäologe des Bundeslandes Berlin.

„Dass ausgerechnet in NRW der Schutz nur auf die Objekte ‚aus alter Zeit‘ beschränkt wird, verkennt die Potentiale der Baukultur dieses (stark im Krieg zerstörten) Bundeslandes und öffnet Tore für Beliebigkeit.“
Professor Paul Zalewski