10 sehenswerte Industriedenkmäler der Republik (Teil 4)

Sie sind wahre Zeugnisse vergangener Kulturgeschichte, imposante Kathedralen der industriellen Revolution. Gerade im Zuge des Strukturwandels der Schwerindustrie und Montanindustrie nach dem Zweiten Weltkrieg rückte die Industriegeschichte als schützenswerte kulturelle Leistung – über den rein ästhetischen Wert der Ingenieurskunst hinaus – in den Blickpunkt der Denkmalpflege. Über die Jahre entdeckte man – zuerst visuell, später experimentell – dass in Europa eine Vielzahl von Industriedenkmälern mit einer zeittypischen Industriearchitektur existiert, die unbedingt erhalten werden mussten. Typische Beispiele waren und sind das Ruhrgebiet und das Saarland mit Zeugen der Montanindustrie, der sehr stark vom Maschinen- und Fahrzeugbau geprägte Raum Chemnitz-Zwickau, Katalonien, Nordengland, Ostfrankreich und Norditalien mit Textil- und Maschinenbauindustrie.

In unserem mehrteiligen Spezial präsentieren wir Ihnen – oder sagen wir besser, empfehlen wir Ihnen – besondere Leuchttürme vergangener Epochen der Industriegeschichte, die heute beispielhaft der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Ein Besuch lohnt hier zu jeder Jahreszeit. Weiter geht es mit dem 4. Teil.

Schwanentorbrücke

Foto: Raimond Spekking/CC BY-SA 4.0

Die Schwanentorbrücke ist eine von drei Hubbrücken in Duisburg. Sie überquert den Innenhafen und verbindet damit die Innenstadt mit Kaßlerfeld und Ruhrort. Die Durchfahrtshöhe bei mittlerem Normalwasserstand und ohne Hebung der Plattform beträgt 5,50 Meter. Die Brückenplattform in der Mitte der vier quadratischen Türme wird bei Bedarf ca. zehn Meter hochgehoben. Seile und Gegengewichte befinden sich in den Türmen. Diese sind mit Ziegeln verkleidet, haben paarweise angeordnete Fensterschlitze und ein verglastes Obergeschoss. Sie werden oben jeweils von Gaslaternen abgeschlossen. In einem der Türme ist ein Wärterhäuschen eingebaut, welches die Hebung der Schwanentorbrücke ebenso wie die der Buckelbrücke steuert. Die heutige Hubbrücke ist eine Konstruktion des Architekten Hans-Siegfried Persch, die 1950 angelegt wurde. Bauherr war die Stadt Duisburg. Die Spannweite beträgt 18 Meter, die Fahrbahnbreite 22 Meter, die Türme sind 20 Meter hoch. Am 8. Dezember 1986 wurde die Brücke unter Denkmalschutz gestellt.

Wasserkraftwerk Zülow

Foto: GlobalFish/CC BY-SA 4.0

Das Wasserkraftwerk Zülow ist das größte Wasserkraftwerk in Mecklenburg-Vorpommern. Es wurde in den Jahren 1922 bis 1924 gebaut. Seit 1973 angedacht, wurde es 1982 ein technisches Denkmal. Es liegt in Zülow, einem Ortsteil östlich von Sternberg am Mildenitzkanal inmitten eines Endmoränenzuges. Die Anlage mit dem Kanal, den Betonbrücken darüber, dem Pegelhäuschen, dem Einlaufbauwerk, dem Wohnhaus und dem Kraftwerksgebäude ist weitgehend aus der Ursprungszeit erhalten geblieben. Die Schalt- und auch die Rechenanlage von 1954 sind zwar nicht mehr in Betrieb, werden aber museal erhalten. Die beiden Turbinensätze sind von 1954. Die Generatoren wurden 2005 erneuert. Die alten Turbosätze von 1924 wurden 1945 von der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg demontiert. Um an die großen Maschinen heranzukommen, durchbrachen Soldaten der Roten Armee mit einem Panzer die Außenmauer der Maschinenhalle. An der Stelle des Loches befindet sich heute ein großes Tor. Die beiden Francisturbinen treiben zwei Generatoren von jeweils 550 Kilowatt an und nutzen das Gefälle von 22 Metern.

Das Kraftwerk wird heute als Laufwasserkraftwerk betrieben und war bis zum 22. April 2004 im Besitz der WEMAG AG mit Sitz in Schwerin. Seitdem gehört das Kraftwerk einem privaten Besitzer.

Glaselefant (Maximilianpark)

Foto: Picture8

Als Glaselefant wird das Wahrzeichen der Stadt Hamm bezeichnet. Das ehemalige Gebäude für Kohlewäsche der Zeche Maximilian wurde 1984 im Rahmen der Landesgartenschau vom Künstler und Architekten Horst Rellecke zu einer begehbaren Plastik umfunktioniert. Im „Kopf“ des ca. 35 m hohen Glaselefanten findet sich ein Palmengarten, in dem als Dauerausstellung zehn kinetische Objekte von Horst Rellecke zu sehen sind. Der Aufzug zum Palmengarten befindet sich im gläsernen Rüssel des Elefanten, an der „Rückseite“ führt eine Treppe nach unten. In 29 m Höhe kann man das Panorama des Maximilianparks, der Stadt Hamm und des Umlands genießen. Für den NRW-Tag 2009, der in Hamm stattfand, wurde der Glaselefant großzügig saniert und mit einer modernen LED-Beleuchtung ausgestattet, mit der ein Wechsel zwischen den Farben Weiß, Blau, Grün, Gelb und Rot möglich gemacht wurde. Seither wechselt der Glaselefant in regelmäßigen Abständen seine Farbe.

Bahnwasserturm Heidelberg (Tankturm)

Foto: TANKTURM Betriebsgesellschaft GbR

Der Wasserturm in der Eppelheimer Straße 46 stellte die Wasserversorgung des ehemaligen Bahnbetriebswerkes in Heidelberg und der bis in die 70er Jahre verkehrenden Dampflokomotiven sicher. Das Bauwerk zählt zu den wenigen erhaltenen Denkmalen der Industriekultur der Heidelberger Bahnstadt. 1927 wurde in Heidelberg ein neues Bahnbetriebswerk mit einem Bestand von mehr als 40 Dampflokomotiven eröffnet. Der Wasserturm, an dem seit 1925 gebaut wurde, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig fertiggestellt, galt aber schon damals als Wahrzeichen und Besonderheit der umfassenden Anlage. 2014 hat das Heidelberger Architekturbüro AAg den Wasserturm für 400.000 Euro von der Bahnstadtgesellschaft EGH erworben und einer öffentlichen Nutzung für Kultur, Kunst und Konferenzen zugeführt. Unter anderem hat das KlangForum Heidelberg dort seine Geschäftsstelle und nutzt die Räume als Proben- und Konzertort. Im Jahr 2016 wurde das Bauwerk mit dem Denkmalschutzpreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet.

Wasserwerk am Hochablass

Foto: GFreihalter/CC BY-SA 3.0

Das Wasserwerk am Hochablass, auch Trinkwasserwerk am Neubach genannt, ist das erste in Augsburg erbaute Wasserwerk zur Förderung und Aufbereitung von Trinkwasser. Es bildete damals den Grundstein für eine moderne, hygienische zentrale Trinkwasserversorgung im Augsburger Stadtgebiet. Nach der Stilllegung im Jahre 2007 dient es den Augsburger Stadtwerken als Wasserkraftwerk zur Stromerzeugung, Technikmuseum und Informationszentrale zur Augsburger Trinkwasserversorgung. Das Wasserwerk ist ein Teil von Augsburgs historischer Wasserwirtschaft. Am 15. Januar 2015 wurde diese für die Welterbeliste der UNESCO nominiert. Nach 94 Jahren Betriebszeit wurden die Turbinen und die Kolbenpumpen am 3. Dezember 1973 stillgelegt, in der Folgezeit der Wasserzulauf des Neubachs zu den Turbinen abgeschottet und zugeschüttet. Von 1991 bis 1993 wurden die Wandmalereien freigelegt, und noch im Sommer 1993 wurde mit ihrer Restaurierung begonnen. Schon kurze Zeit später 1994 konnte das Pumpenhaus wieder im alten Glanz am Tag des offenen Denkmals der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Kraftwerk Klingenberg

Foto: Angela Monika Arnold/CC BY-SA 3.0

Das Heizkraftwerk Klingenberg ist ein Heizkraftwerk (HKW) im Berliner Ortsteil Rummelsburg, das mehr als 300.000 Haushalte mit Strom und Wärme versorgt. Während die denkmalgeschützte Hülle des von 1925 bis 1926 als Kraftwerk Klingenberg von der Berliner Städtische Elektrizitätswerke Akt.-Ges. (Bewag) errichteten thermischen Kraftwerks weitgehend originalgetreu erhalten ist, wurden die technischen Komponenten ab den 1970er Jahren komplett ersetzt. Zwischen 1942 und 1945 arbeiteten auf dem Gelände des Kraftwerkes zeitweise bis zu 108 Zwangsarbeiter. Ein entsprechendes Barackenlager wurde 1943 auf dem Betriebsgelände der Berliner Kraft- und Licht in Betrieb genommen. Bis Mai 2017 wurde vor allem Braunkohle aus dem Lausitzer Braunkohlerevier verfeuert. Im Mai 2017 wurde das HKW auf eine Verfeuerung mit Erdgas umgestellt. Das Kraftwerk ist ein wichtiger Lieferant von Fernwärme für den Ostteil Berlins. Es gehört dem schwedischen Energiekonzern Vattenfall und wird von der zum deutschen Teilkonzern gehörenden Tochtergesellschaft Vattenfall Europe Wärme betrieben.

Ursprünglich wollte Vattenfall anstelle des alten Kraftwerks ein neues Steinkohlekraftwerk bauen. Wegen des hohen CO2-Ausstoßes waren diese Pläne von Anfang an in Berlin sehr umstritten. Auch der dafür notwendige Neubau eines Kühlturms mit bis zu 140 Metern Höhe stieß wegen der erheblichen optischen Folgen für das gesamte Umfeld auf Proteste der Anwohner.

Grossmarkthalle (Frankfurt am Main)

Foto: dontworry/CC BY-SA 3.0

Die Großmarkthalle im Frankfurter Stadtteil Ostend war von 1928 bis zu ihrer Schließung am 4. Juni 2004 ein gewerblicher Großmarkt, in dem vorwiegend Obst und Gemüse gehandelt wurde. Das denkmalgeschützte Gebäude – vom Architekten Martin Elsaesser entwickelt, wurde in den 2010 bis 2014 errichteten Neubau der Europäischen Zentralbank integriert. 2015 wurde hier die Erinnerungsstätte an der Frankfurter Großmarkthalle eingerichtet. Mit 220 Metern Länge, 50 Metern Breite und einer Höhe zwischen 17 und 23 Metern der seinerzeit größte Gebäudekomplex der Stadt, bot die Halle auf 13.000 Quadratmetern Platz für rund 130 Verkaufsstände, die in erster Linie Großverbraucher, zum Beispiel aus der Gastronomie sowie gewerbliche Wiederverkäufer bedienten. Des Weiteren befanden sich im und um den Bau Büros und Lagerflächen für die Großhändler, Speditionen und Agenturen. Die Großmarkthalle, die im Frankfurter Volksmund auch „Gemieskerch“ („Gemüsekirche“) genannt wurde, steht seit 1984 unter Denkmalschutz. 2006 wurden die sogenannten Annexbauten (Sozialgebäude an den Kopfbauten der Halle) aus dem Denkmalschutz entlassen.

Sächsische Wollgarnfabrik

Foto: Fred Romero/CC BY 2.0

Die Sächsische Wollgarnfabrik Tittel & Krüger war eine in den 1880er Jahren gegründete Spinnerei in Leipzig. Mit über 100.000 Quadratmetern Geschossfläche ist sie heute Deutschlands größtes Industriedenkmal und Europas größter Gebäudekomplex der Gründerzeit. 1887 wurde die Sächsische Wollgarnfabrik Aktiengesellschaft, vormals Tittel & Krüger gegründet, die ab 1888 weitere Spinnereigebäude in einer repräsentativen Backsteinarchitektur errichtete. Der erste Bauabschnitt dieser Erweiterung war der Hochbau West (die heutigen Elsterlofts). Baubeginn des zweiten Bauabschnitts war 1897. Das Besondere an diesen Gebäuden ist, dass es sich nicht um reine funktionale Zweckbauten handelt, da die Architekten Pfeifer & Händel (ab 1893 Händel & Franke), bekannt für ihre prestigeträchtigen Industriebauten, den Auftrag erhielten, eine aufwändige Architektur zu schaffen, die an Prächtigkeit weit über das Übliche hinausging. Heute werden die „Elsterlofts“ als Wohngebäude mit 185 Lofteinheiten sowie zwei Brückenlofts genutzt. Eine die Weiße Elster überspannende Gebäudebrücke verbindet im zweiten und dritten Obergeschoss den Hochbau West mit dem 1906 von Händel & Franke als Stahlbetonbau ausgeführten „Hochbau Süd“ in der Holbeinstraße 14 im Stadtteil Schleußig, der ebenfalls zu Loftwohnungen umgebaut wurde.

Die BUGA-Partners-Verwaltungs GmbH verkaufte den Hochbau West 1999 an die JUS AG, die das Objekt zu Loftwohnungen umbaute und dafür im gleichen Jahr von der Deutsche Bank Bauspar AG bei einem Wettbewerb auf dem Gebiet Umbau und Umnutzung von industriellem, historischen Baubestand zu Wohnen, Arbeit und Freizeit mit dem zweiten Preis ausgezeichnet wurde. Der „Hochbau Süd“ wurde von der Atrium GmbH aus Hechthausen zu Loftwohnungen umgebaut und wurde ein Projekt der EXPO 2000. 2006 gewannen die Elsterlofts als Teil des „Quartier an der Weißen Elster/am Karl-Heine-Kanal in Leipzig“ den dritten Preis des DIFA-Award 2006. Im „Hochbau Mitte“ entstand bis 2013 die exklusive Wohnanlage Venezia-Quartier mit 125 Wohnungen.

Behrensbau Oberschöneweide

Foto: Fridolin Freudenfett/CC BY-SA 4.0

Der Behrensbau oder Peter-Behrens-Bau an der Ostendstraße 1–4 Ecke Wilhelminenhofstraße im Berliner Ortsteil Oberschöneweide ist ein denkmalgeschützter Industriebau, der 1917 eingeweiht wurde. Nach seiner Fertigstellung löste das Turmbauwerk das Rathaus in Augsburg als seinerzeit höchstes Gebäude Deutschlands ab. Hier wurden nach 1931 nur noch Pkw hergestellt. Nach der Einstellung ihrer Automobilsparte 1934 richtete die AEG im ehemaligen NAG-Werk 1938 die Röhrenfabrik Oberspree (RFO) ein, die u. a. spezielle Elektronenröhren für die von der GEMA in Köpenick entwickelten Radargeräte der Wehrmacht herstellte. Des Weiteren wurde auch Ende der 1930er Jahre die ebenfalls zur AEG gehörende Fernmeldekabel- und Apparatefabrik (FAO) untergebracht. Nach dem Zweiten Weltkrieg richtete die sowjetische Besatzungsmacht zunächst das Labor, Konstruktionsbüro und Versuchswerk Oberspree (LKVO) in der ehemaligen Produktionsstätte des RFO ein, das im Mai 1946 in Oberspreewerk (OSW) umbenannt wurde. Das neugegründete Samsung-Tochterunternehmen Samsung SDI Germany produzierte in den hofseitigen Werkshallen bis Ende 2005 Bildröhren für Fernsehgeräte. 2019 wurde das Gelände an die Deutsche Immobilien Entwicklungs AG (DIE AG) verkauft. Dieses plant hier mehrere Hochhäuser.

Ziegeleipark Mildenberg

Foto: A. Savin/CC BY-SA 3.0

Der Ziegeleipark Mildenberg ist ein Industriedenkmal in der Nähe des Dorfes Mildenberg, das seit 2003 Ortsteil der Stadt Zehdenick im Landkreis Oberhavel in Brandenburg ist. Er befindet sich auf dem Betriebsgelände zweier benachbarter Ziegeleien, die noch bis 1991 in Betrieb waren. Der Beginn der Ziegelproduktion in der Gegend geht auf das Jahr 1887 zurück. Das Industriemuseum ist heute ein Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur (ERIH) und eine Station der Deutschen Tonstraße. Es bietet in verschiedenen Erlebnis-Ausstellungen Informationen über die Technik der Ziegelherstellung von handgestrichenen Ziegeln bis zur automatischen Strangpresse, die in den 1950er Jahren die modernste Technik auf dem Gebiet darstellte. Eine andere Ausstellung beschäftigt sich mit der Arbeitswelt der Ziegler, die als Wanderarbeiter saisonal eingestellt wurden, und unter oftmals schlechten Bedingungen lebten und produzierten, sowie die Entwicklung der Gewerkschaften.