Schädlinge: Kampf am Gradierwerk in Bad Dürrenberg

Gradierwerk Bad Dürrenberg. Foto: Doris Antony/CC BY-SA 3.0

Bad Dürrenberg (aw). In Bad Dürrenberg (Saalekreis) steht Deutschlands größtes zusammenhängendes Gradierwerk. Die Gradiergebäude am Kurpark verfügen in konstruktiver Hinsicht noch weitestgehend über eine Authentizität vom Beginn des 19. Jahrhunderts. Die mit Reisig gefüllten Bauwerke sind ein Wahrzeichen Bad Dürrenbergs. Doch das etwa 636 Meter lange und 12 Meter hohe Baudenkmal zur Salzgewinnung ist akut bedroht.

Ende letzten Jahres wurde ein etwa 90 Meter langer Teil des Gradierwerks freigelegt und dabei Schäden an den Kastenaußensäulen entdeckt. Für diese Schäden ist – entsprechend eines Gutachtens – der Scheinbockkäfer verantwortlich sein. Dieser bevorzugt Holz, das in Berührung mit Meeressalzwasser gekommen ist. Zuvor war das Holz allerdings von einem Pilz befallen. Ohne diesen Schaden wäre ein Käferbefall undenkbar gewesen. Ein Statiker hatte sich das Bauwerk angeschaut, auch Experten vom Amt für Denkmalpflege. Man war auf die Schäden aufmerksam geworden, als für reguläre Wartungsarbeiten der Tiefenbehälter unter dem Gradierwerk abgepumpt wurde. Zuletzt hatte man in beinnahe jedem Balken, der die Konstruktion trägt, die Schädlinge entdeckt.

Massive Mehrkosten

In den kommenden zwei Jahren kann die Stadt Bad Dürrenberg über jeweils 80.000 Euro für laufende Arbeiten am Baudenkmal verfügen. Zur Erhaltung würden allerdings rund 200.000 Euro benötigt, heißt es seitens der Stadt. Geld, das nicht da ist. Um alle anfallenden Sanierungsmaßnahmen ausführen zu können, müsse man um die 2 Millionen Euro in die Hand nehmen. Dabei war anfangs nicht einmal klar, ob man Teilstücke abreißen und neu bauen würde, oder befallene Teile austauscht. Für die letztere Variante hatte man sich dann entschieden – aus Kostengründen.

Im Januar wurde dann mit ersten Arbeiten begonnen. Die befallenen, faulenden Säulen werden seitdem von den Pilzen befreit. Dafür werden Teilstücke entnommen und durch neue Holzstücke aus Lerchenholz ersetzt. Dieses ist besonders resistent und wurde zuvor konserviert. Die Sanierung des ersten, freigelegten 90 Meter langen Teilstücks kostete rund 100.000 Euro. Dies waren 33.000 Euro mehr als eingeplant (ursprünglich waren 67.000 Euro kalkuliert worden). Nach und nach werden alle betroffenen Teile entsprechend behandelt.

Funktion des Gradierwerks

Gradierwerke bereinigen die Sole, konzentrieren diese bis zur Siedewürdigkeit. Pumpen befördern die Sole auf das Gradierwerk, von dort fließt diese aus hölzernen Kästen heraus über hölzerne Verteilerhähne in die Verteilerrinnen. So kann die Sole an den Reisigwänden herabrieseln. Der Soletropfen wird beim Herabtropfen von Zweig zu Zweig immer feiner zerteilt. Sonne, Wind und trockene Luft lassen das Wasser verdunsten – so können sich die Salze in der Lösung anreichern. Die vom „Dornstein“ umhüllten Zweige entstehen beim Herabtropfen durch Ablagerungen von Gips und Eisenverbindungen an den Schwarzdornzweigen.

Es entsteht ein der Nordseeluft ähnliches Mikroklima, ausgelöst durch die feine Zerstäubung der Sole. Dieses eignet sich besonders zur Behandlung von Atemwegserkrankungen. Der so genannte „Solnebel“ kann am Kurpark eingeatmet werden – vorausgesetzt man spaziert am Gradierwerk entlang.