Pläne für Wanderer-Werke scheitern scheinbar am Kaufpreis

Ehemalige Wanderer Werke in Chemnitz. Foto: rottenplaces Archivfoto

Chemnitz (aw). Seit 1885 wurden in den Wanderer Werken Fahrräder, Motorräder, Autos, Lieferwagen, Werkzeugmaschinen und Büromaschinen gefertigt. Der Name „Wanderer“ ist auch heute weit über die Grenzen bekannt. In der Zwickauer Straße sieht es seit vielen Jahren allerdings vollkommen anders aus. Eine riesige Industrieruine wartet auf seine neue Nutzung. Dabei gab es viele Pläne für die Ruine: Automobilzentrum, Loft-Wohnungen, Start-ups und ein Edeka-Markt. Passiert ist jedoch nichts. Aktuell sorgte ein Chemnitzer Investor für einen Hoffnungsschimmer, wollte die Denkmal-Perle kaufen. Doch auch dieser hat mittlerweile vom Kauf Abstand genommen.

Als Grund für den Rückschritt gibt der Investor den zu hohen, aufgerufenen Kaufpreis an. Der Eigentümer soll eine Summe im mittleren achtststelligen Bereich fordern. Der Investor müsste pro Quadratmeter noch mal Tausende in die Hand nehmen, um Brandschutz, Fluchtwege und Traglast der Decken zu gewährleisten, teilt dieser mit. Weiter seien Wohnungen keine gute Idee, da sich die Immobilie direkt gegenüber der Messe mit ihren vielen Veranstaltungen befindet. Sein Konzept möchte der Chemnitzer allerdings nicht verraten. Baubürgermeister Michael Stötzer (Grüne) sagte gegenüber Tag24, er möchte weiterhin versuchen, Eigentümer, Interessenten und Stadträte an einen Tisch zu bringen und eine gemeinsame Lösung zu finden.

Die Wanderer-Kraftfahrzeugsparte wurde 1932 in die Auto Union eingebracht und somit zum Vorläufer der heutigen Audi AG. Die übrigen Betriebsteile wurden nach dem Zweiten Weltkrieg enteignet und unter anderen Namen fortgeführt (Werkzeugmaschinenkombinat Fritz Heckert, Astra/Ascota-Buchungsmaschinenwerk, Elrema). Nach der Wende war die Wanderer-Werke AG zuletzt als Finanzholding ohne eigenen Geschäftsbetrieb tätig und ging im Juli 2010 in die Insolvenz. Die Marke Wanderer wurde daraufhin von dem in Köln ansässigen Fahrradhersteller Hercules erworben.

Nach dem Krieg kam es am 30. Juni 1946 zu dem von der sowjetischen Besatzungsmacht wohlwollend geduldeten Volksentscheid über die Enteignung von Kriegs- und Naziverbrechern. Aufgrund dieses Volksentscheids wurden sowohl die Wanderer-Werke als auch die Auto Union enteignet und bis 1948 teilweise demontiert und als Reparationsleistungen in die Sowjetunion verbracht. Anschließend wurden die Werke zerschlagen und als Volkseigene Betriebe (VEB) neu geordnet.

Als Folge von Enteignung und Verstaatlichung in der DDR führten Eigentümer und Manager der Wanderer-Werke das Unternehmen in Westdeutschland fort. So tagte im Jahr 1948 in München eine außerordentliche Hauptversammlung der Wanderer-Werke AG und beschloss, den Sitz der Gesellschaft von Chemnitz nach München zu verlegen. Ab 1949 wurden wieder Fahrräder und Mopeds gehandelt, hergestellt von der Firma Meister in Bielefeld. Daraus entwickelte sich die heutige Wanderer-Werke AG; die Automobilproduktion wurde indes nicht wieder aufgenommen.