Kirche Provinzial-Irrenanstalt Halle-Nietleben

1825 wurde die Errichtung einer Heilanstalt in Halle-Nietleben beschlossen. Der Baubeginn verzögerte sich bis 1841, die Arbeiten liefen bis 1854. Der Komplex, mit gewisser Distanz zur Stadt samt vollkommener Isalation vom städtischen Umfeld war prägend für Heilanstaltenbauten der damaligen Zeit. Schon damals wurde das Bauvorhaben doppelt so teuer wie ursprünglich geplant. Auf dem Gelände fanden sich neben den in Heil- und Pflegeanstalten unterteilten Gebäuden auch die Isolierstation, Pathologie, Laboratorien, Apotheke, die Arzt- und Patientenvillen und eine kleine Kirche.

Die Anstalt entwicklelte sich zur modernsten psychiatrischen Einrichtung Europas. Über die Jahre wurden weitere Gebäude, wie ein „Verwahrungshauses für kriminelle Geisteskranke“ errichtet, 1914 folgte der Bau eines Infektionskrankenhauses für Frauen. 1925 verkaufte die Stadt Halle Grundstücksflächen der Heilanstalt, sodass 1934 in direkter Nähe die Heeres- und Luftwaffennachrichtenschule sowie die General-Maercker-Kaserne errichtet wurden. Die Heilanstalt musste zu Zeiten des Nationalsozialismus ab 1935 ihren Betrieb einstellen, die Gebäude wurden dem Militärkomplex angeordnet. Viele Patienten wurden in umliegende Einrichtungen verlegt oder im Rahmen der Aktion T4 systematisch ermordet.

Die Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland (GSSD) nutzte die Einrichtung nach dem Zweiten Weltkrieg und bis zum Abzug 1991. Ein Drittel der Bauten wurde während der Besatzungzeit abgerissen. 1994 erwarben die Stadt Halle und das Land Sachsen das Areal aus Bundesvermögen. Bis heute wurde ein Großteil der Gebäude abgerissen, saniert und umgenutzt oder Grundstücksteile neu bebaut.

Die Kirche, die 1864 von Friedrich August Ritter errichtet und stark an Kirchenbauten von Karl Friedrich Schinkel erinnert, steht heute noch an ihrem Platz. Ursprünglich besaß die Kirche einen höheren Kirchturm mit Klangarkaden und Spitzhelm. Dieser wurde aufgrund des Baus des Fliegerhorsts der Heeres- und Luftwaffennachrichtenschule nach 1935 abgerissen. Das Gebäude mit seinen nach romanischem Vorbild gestalteten Rundbogenfenstern und seinen achteckigen Turm wartet auf Konzepte und damit auf eine weitere Verwendung. Im Glockenturm befand sich zu aktiven Zeiten eine rund 370 Pfund schwere Glocke mit der Aufschrift „Ehre sei Gott in der Höhe“. Die erste Orgel stammte aus der Orgelwerkstatt Wäldner, später folgte eine Rühlmann-Orgel.

Quelle: Wikipedia, Stadt Halle (Saale), privat

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Dokument erstellt am 15.08.2017
Letzte Änderung am 15.08.2017

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.