Greenpeace will ins Braunkohlegeschäft

Foto: Onkel Holz/CC0

So eine Meldung liest man auch nicht alle Tage: Die Umweltschutzorganisation Greenpeace, genauer Greenpeace Schweden, hat dem schwedischen Energiekonzern Vattenfall ein Kaufinteresse für sein Braunkohlegeschäft in Deutschland unterbreitet. Dies ist einem Schreiben der schwedischen Organisation an die US-Bank Citigroup zu entnehmen, die von Vattenfall mit dem Verkauf beauftragt wurde. Greenpeace möchte die Braunkohle kaufen, aber um sie dort zu belassen, wo sie ist, heisst es in dem Schreiben. Ein Scherz sei diese Ankündigung nicht, teilte die Präsidentin von Greenpeace Schweden, Annika Jacobsen, mit. Man kenne sich gut aus mit den Zukunftsfragen des Energiemarktes und der Entwicklung der Klimapolitik.

Greenpeace strotzt nur so vor Selbstvertrauen, was das aktuelle Thema angeht, scheint auch den möglichen Konflikt mit den etwa 8.200 Beschäftigten in den Braunkohletagebauen und -kraftwerken alles andere als zu fürchten. Das Ziel: Alle Geschäftsfelder, also Tagebaue und Kraftwerke schnell zu schießen, damit das Geschäft nach einigenen Aussagen nicht in noch schlechtere Hände gerät. Auch die schwedische Bevölkerung sieht Greenpeace hinter dem Vorhaben. Da eine Verantwortung seitens der schwedischen Regierung nicht zu erwarten sei, haben man sich zu diesem Schritt entschieden und 50.000 Unterschriften in einer Petition gesammelt, so Greenpeace.

Vattenfall möchte sein gesamtes Geschäft der Braunkohleverstromung und des Braunkohletagebaus in Deutschland verkaufen. Dazu gehören etwa ein halbes Dutzend Braukohletagebaue und -kraftwerke, darunter die Kraftwerke Schwarze Pumpe und Jänschwalde in Brandenburg, Boxberg und Block R der Anlage Lippendorf in Sachsen samt zugehöriger Tagebaubetriebe in der Lausitz. Den Buchwert beziffern Experten auf etwa 3 bis 5 Milliarden Euro. Doch ob der Energieriese solche Summen erhält ist eher unwahrscheinlich. Denn Investoren lassen derzeit aufgrund von politischen Unsicherheiten die Finger von fossilen Technologien, befürchten eine Kohlenstoff-Blase.

Experten erwarten, dass ein Käufer für einen Erwerb theoretisch nicht viel Geld in die Hand nehmen muss. Vattenfall könnte angesichts der erheblichen Risiken und Folgekosten für potentielle Erwerber daran interessiert sein, das Braunkohlegeschäft praktisch zu verschenken. Denn gerade der Betrieb der Tagebaue ist mit erheblichen Folgekosten verbunden. Kosten für die Renaturierungen der riesigen Landschaftsnarben müssen zum Teil erst durch das Kraftwerksgeschäft verdient werden. Legt man diese vorzeitig still, bleiben solche Kosten an der Konzernmutter oder am Steuerzahler hängen.

Für Greenpeace also teilweise ein Hochrisikiogeschäft. Denn neben den nicht zu überschätzenden Folgekosten könnten die Bundesländer Brandenburg und Sachsen mit Macht auf eine Arbeitsplatzgarantie drängen. Würde mit solchen Garantien ein Weiterbetrieb erzwungen, fände sich Greenpeace im Falle eines Zuschlags in der Verantwortung für 8.200 Arbeitgeber wieder. Laut der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) wird das Greenpeace-Angebot aber eher als schechter Scherz angesehen. Denn damit, so die Gewerkschaft, mache sich die Umweltorganisation zu einer Heuschrecke neuer Art. Man darf also gespannt sein! (aw)