Geisterstadt Varosha – Folge eines militärischen Konfliktes

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Varosha auf der Insel Zypern ist ein Beispiel für die Entstehung einer Geisterstadt als Folge eines militärischen Konfliktes, in diesem Fall der türkischen Invasion im Jahre 1974. De jure gehört das Gebiet zur Republik Zypern, die es dem Bezirk Famagusta zurechnet. Seit 1983 gehört die Stadt de facto zur Türkischen Republik Nordzypern und ist ein Stadtteil von Famagusta bzw. Gazimağusa im gleichnamigen Distrikt. Varosha ist seit 1974 militärisches Sperrgebiet.

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Griechische Migranten begannen 1956, die Vorstadt Varosha zu errichten, wo 1973 der überwiegende Teil der griechischen Bevölkerung von Famagusta, also insgesamt 31.960 Zyperngriechen, lebte. Bedeutung erlangte Varosha mit dem Massentourismus der 1960er und 1970er Jahre. Große Hotelanlagen wurden an den Strand des Ortes gebaut, wobei die Grundstückslänge am Strand oft nicht mehr als 25 bis 35 Meter betrug und zumeist die Schmalseite darstellte. Im Jahre 1973 (dem letzten Jahr vor der türkischen Invasion im Zypernkonflikt) erwirtschaftete Varosia 53,7 % der Gesamteinnahmen des Tourismusgewerbes auf der Insel. Die Gesamtanlage bestand aus 45 Hotels mit 10.000 Betten, 60 Appartement-Hotels, 99 „recreation-centers“, 21 Banken, 24 Theatern und Kinos, rund 3000 kleineren und größeren Läden. Weitere 380 Gebäude befanden sich 1974 noch in der Bauphase.

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Das türkische Militär besetzte im Rahmen der Invasion des Nordteils der Insel am 14. August 1974 die Stadt und erklärte die Anlage zum Sperrgebiet. 1978 kam es zwar zu einer Absichtserklärung unter Vermittlung des UN-Sekretärs Kurt Waldheim, doch blieb diese ohne Konsequenzen. Als die Türkische Republik Nordzypern 1983 gegründet wurde, drohte deren Regierung mit der Besiedlung Varoshas, woraufhin der UN-Sicherheitsrat diese Drohung 1984 verurteilte und vorschlug, die Geisterstadt der UN zu unterstellen. Dies lehnte die Regierung Nordzyperns, welche nur von der Türkei anerkannt wird, ab. In den 1990er Jahren bot die türkische Seite an, Varosha gegen die Aufhebung wirtschaftlicher Sanktionen an die ursprünglichen Bewohner zurückzugeben. Auch die Tatsache, dass Mustafa Akıncı im Jahr 2005 die Rückgabe Varoshas an die ursprünglichen Einwohner zum Thema seines Wahlkampfes machte, führte zu keinerlei Annäherung, auch sein Ausgleichsversuch im Jahr 2015 blieb durch die Wahlen im Jahr 2016 ohne Ergebnis.

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Häufig wurde die Hotelstadt als Pfand und potentielles Tauschobjekt gehandelt. Deren Rolle als touristisches Zentrum haben allerdings inzwischen andere Orte auf der Insel übernommen. Die Gebäude verfallen seit der türkischen Invasion und die Natur erobert das Gebiet allmählich zurück. Der Strand zählt inzwischen zu den wichtigsten Nistplätzen für die bedrohte Grüne Meeresschildkröte. Am 18. Juni 2019 verkündete die türkisch-zyprische Regierung dass sie die Touristenregion wieder eröffnen will. Daraufhin wurde mit einer Bestandsaufnahme in Kooperation mit der Türkei begonnen. Es wird geschätzt, dass die Wiedereröffnung der Region umgerechnet etwa 10 Milliarden Dollar kosten wird. Die türkische Regierung unterstützt dieses Vorgehen.